Das Herz bei Jesus

 

 

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: 1Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich! 2Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? 3Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. 4Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr. 5Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen? 6Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. 7Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8Philippus sagte zu ihm: Herr, zeig uns den Vater; das genügt uns. 9Jesus antwortete ihm: Schon so lange bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du sagen: Zeig uns den Vater? 10Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist? Die Worte, die ich zu euch sage, habe ich nicht aus mir selbst. Der Vater, der in mir bleibt, vollbringt seine Werke. 11Glaubt mir doch, dass ich im Vater bin und dass der Vater in mir ist; wenn nicht, glaubt wenigstens aufgrund der Werke! 12Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater. 

 

Johannes 14

 

 

 

Sr. Gratia: Grüß dich, Johannes! 

Johannes: Grüß dich, Sr. Gratia!

Sr. Gratia:  Ich freu mich, dass ich mich sozusagen mitten in der Osterzeit mit dir austauschen darf!

Johannes: Ist doch gut, dass sie so lange dauert.

Sr. Gratia: Das finde ich auch. So haben wir lange Zeit, um in das Geheimnis hineinzuwachsen. Ich nehme an, das war für euch damals auch nicht ganz unwichtig?

Johannes: Du sagst es. Nach dem Trauma des Todes Jesu, den schrecklichen Umständen, der Trauer und Verzweiflung, die uns danach eingeholt haben, war es gar nicht so einfach, plötzlich wieder auf „Auferstehung“ umzuschalten.

Sr. Gratia:  Das zu hören finde ich tröstlich, bei mir stellt sich die Osterfreude auch nicht immer pünktlich am Ostersonntag ein…

Johannes: Und das muss sie auch nicht. Wir feiern zusammen die Geheimnisse unseres Glaubens, aber das heißt nicht, dass wir sie auch gleichzeitig erfahren und spüren müssen.

Sr. Gratia: Hm. Ostern kann für jeden und jede zu einer anderen Zeit sein…

Johannes: Und davor und danach kann es sein, dass unser Herz verwirrt und ängstlich ist…

Sr. Gratia: Davon erzählst du uns ja im heutigen Abschnitt deines Evangeliums. Jesus wusste darum genauso gut wie wir, war er doch ein wunderbarer Menschenkenner. Und er hat euch auch schon vor seinem Sterben  Mut zugesprochen.

Ist ja eigentlich spannend, dass uns die Kirche einen Abschnitt aus den sogenannten „Abschieds-reden“, also den Reden vor seinem Tod, jetzt in der Osterzeit – also nach seinem Tod und seiner Auferstehung zu Ohren bringt.

Johannes: Auch die Kirche kennt die Menschen… und sie weiß, dass nach Ostern auch immer schon wieder vor Ostern ist.

Sr. Gratia: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren“. Ich habe auch noch die Übersetzung im Ohr: „Euer Herz verzage nicht“. Verwirrung, Verzagen, Angst – das sind so menschliche Reaktionen auf herausfordernde Situationen, dass wir sie gar nicht so einfach verhindern können.

Johannes:  Und doch ist es auch in unserer Hand, damit umzugehen. Dass Verwirrung und Angst kommen - dagegen kann ich nichts tun. Aber wie ich damit umgehe – das ist durchaus meine Entscheidung.

Sr. Gratia: Irgendein weiser Mensch hat das so ins Wort gebracht:

Wir können nicht verhindern, dass Vögel um unseren Kopf herum fliegen – aber wir können sie daran hindern, auf unserem Kopf ein Nest zu bauen.

Johannes: Genau. Und das bleibt meine Verantwortung, die aber auch oft genug sehr herausfordernd sein kann.

Sr. Gratia: Mir fällt ein, dass wir in der Messliturgie auch an einer Stelle darum beten,  vor Verwirrung bewahrt zu bleiben: Direkt nach dem Vater unser und vor dem großen Lobpreis betet er Priester; „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde“. Dafür bin ich immer dankbar.

Jesus ermutigt ja weiter zum Glauben an ihn und den Vater. Das gefällt mir übrigens an dieser Perikope so gut, dass hier ein richtiges Gespräch zwischen Jesus und euch dokumentiert ist. Immer wieder fragt einer der Jünger etwas – und erhält Antwort.

Johannes: Jesus hat es gemocht, wenn wir gefragt haben – und er mag es jetzt auch noch. Es ist viel besser, ihr stellt alle eure Fragen, als ihr lasst die Zweifel und Sorgen in euch „Nester bauen“.

Sr. Gratia:  Das „Nest bauen“ will Jesus ja selber übernehmen, wie er sagt!

Johannes (schmunzelt): Ja, er geht hin, um Wohnungen für uns zu bereiten!

Sr. Gratia:  Da bin ich ja schon mal gespannt, wie die meine eingerichtet sein wird. Aber ich vermute, dass Jesus auch dafür sorgen wird, dass meine Wohnung zu mir passt!

Johannes: Jedenfalls musst du dir deswegen ganz sicher keine Sorgen machen! Ich kann dir nur sagen, es ist ganz in Ordnung hier bei ihm zu wohnen!        

Sr. Gratia:  Damit rechne ich ganz fest! Aber Spaß beiseite. Die Feststellung des Thomas, er wisse ja nicht, wohin Jesus gehe, also wisse er auch nicht, wie er selber dahin kommen solle, bringt Jesus dazu, eines seiner wunderbaren „Ich bin - Worte“ auszusprechen. Diese „Ich bin  - Worte“, in denen das große „Ich bin der ich bin“[1] am brennenden Dornbusch durch-klingt.

Johannes: Ja, an dieser Stelle offenbart sich Jesus als Weg, Wahrheit und Leben. Er hat immer wieder vom Vater gesprochen und davon, dass er uns zum Vater führen will. Hier sagt er klar, dass er der Weg zum Vater ist.

Sr. Gratia: Jesus – ein Weg, auf dem wir gehen dürfen. Jesus, der Weg, der uns zum Vater führt. Ein wunderbares Bild für das, was Jesus tut: uns den Weg bereiten, damit wir den Vater wieder finden können.

Gleichzeitig scheint er enttäuscht zu sein, dass Philippus (und wohl  nicht nur er) noch nicht erkannt hat, dass er in Jesus auch schon den Vater sieht. Das ist aber schon auch ziemlich anspruchsvoll, findest du nicht?

Johannes: Du hast recht, wir waren alle damit ein wenig überfordert. Aber deshalb hat Jesus ja auch immer wieder davon gesprochen, dass er uns den Beistand senden werde, den Hl. Geist, der uns alles erklären würde. Und das war dann ja auch so. Nach Pfingsten war vieles klarer, und wir konnten die Botschaft überzeugt und überzeugend weitergeben.

Sr. Gratia:  Und das bis in unsere Zeit hinein…

Johannes: Jesus hat immer wieder um unseren Glauben geworben, gerungen. Es lag ihm unendlich am Herzen, dass wir ihm vertrauen, seinen Worten und seinen Werken.

Sr. Gratia: Jesus spricht von sich auch als die Wahrheit. Wie ist das zu verstehen? Wie kann eine Person die Wahrheit sein?

Johannes:  Wenn du dich umschaust unter den Menschen, so scheint es viele Wahrheiten zu geben, jeder hat seine eigene… Und es ist doch so, dass niemand behaupten kann, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben – außer eben dem einen: Jesus Christus.Wenn du dich an ihn hältst, wirst du wahrhaftig, wirst du Lebenslügen, die dich am wahren Leben hindern, zu ihm bringen und seine Wahrheit erfahren – und darin Heilung, denn die Wahrheit macht frei, wie Jesus sagt[2]. Aber das kann wirklich nur er schenken,  darum ist er die Wahrheit.

Sr. Gratia: Das klingt verheißungsvoll!

Und dann sagt er noch: „Ich bin das Leben“. Ein Wort, das auf dem Hintergrund der Auferstehung leicht nachvollziehbar ist.

Johannes: Und das du auch im Alltag erfahren wirst, wenn du ihm erlaubst, dein Leben zu sein und es immer mehr zu werden.           

Sr. Gratia Noch so eine wunderbare Verheißung. Danke, Johannes!

[1] Ex.3,14

[2] Joh 8,32

 

 

„ChristImpulse“

 

für das Herz bei Jesus haben

 

im Alltag          

 

-Herzensgebet:

          Jesus, sei du mein Weg

Sei du meine Wahrheit!

            Sei du mein Leben!            

 

-zwischendurch immer wieder einmal:

            Möchten da gerade Vögel Nester bauen auf meinem Kopf?

 

-Tagesrückblick:

            War ich heute verzagt, verwirrt? Wie konnte ich damit umgehen? Wie hat sich mein Glaube an Jesus gezeigt?

 

 

 

in den sackgassen
den auswegslosen stunden
am rande des abgrunds
sei DU mein WEG

 

in der verwirrung
gefangen inmitten von täuschung und betrug
wenn ich mich selbst nicht mehr kenne
sei DU meine WAHRHEIT

 

wenn alles aus scheint
menschen sich abwenden
und mörderischer konflikt meine tage vergiftet
sei DU mein LEBEN

 

dann kann
dann will
dann darf ich leben

 

 

Petra Steinmair-Pösel